Standpunkt "one stop shop"

Gegendarstellung

In seinem Beitrag „The future belongs to the one stop shop“, erschienen am 19. August 2016 auf REFIRE online (www.refire-online.com/features/guest-columns/the-future-belongs-to-the-one-stop-shop/) schreibt der COO von CBRE, Mark Spangenberg ein Loblied auf die großen Beraterhäuser der Immobilienzunft.

Ich kenne Herrn Spangenberg nicht persönlich und werde daher auch nicht in "Trump-Manier" auf seinen Artikel reagieren! Ich bin mit vielen CBRE Mitarbeitern befreundet und halte das Unternehmen für großartig!

Als COO von CBRE Deutschland und somit Teil eines der größten Immobiliendienstleisters der Welt kann er natürlich nur so schreiben - kein Vorwurf!

Der Begriff "estate agent" bzw. Immobilienmakler ist keineswegs verschwunden - noch ist es der Berufsstand! Natürlich hat das Bestellerprinzip dazu geführt, dass einige Makler in Deutschland ihr Geschäft eingestellt haben - dies gilt aber nur für den Wohnimmobilienbereich und ist häufig (mangels Qualifizierung) gerechtfertigt. Ich freue mich auch auf den künftig erforderlichen Sachkundenachweis, was eine weitere Bereinigung mit sich bringen wird.

Vielmehr steht das mittelständisch geprägte Maklerbüro nach wie vor für einen guten Teil des bundesweiten Transaktionsvolumens - insb. bei kleineren Objekten an B, C, D, ... Standorten. Mit dieser anderen Meinung will ich eine Lanze für die vielen "kleinen" aber dennoch hochprofessionellen Berater brechen - und es gibt sie zuhauf! Neben meiner Blackbird Real Estate GmbH heißen sie bspw. qReal, Gröber Consulting, Sasse Immobilien, Hackenberg & Co. usw.

Herr Spangenberg sagt zu Recht, dass Umsätze aus Vermietung & Verkauf bei den horizontal diversifizierten Beratern teilweise enorm sind. Von einem befreundeten Inhaber einer größeren Asset Managementfirma weiß ich, dass diese Umsätze +/- 60% ausmachen müssen, um überhaupt einen Gewinn zu erzielen. Ketzerisch könnte ich nun behaupten, dass all die "Nebenprodukte" mitgefüttert werden, um bei Verkauf/Vermietung Geld zu verdienen...

Ich gebe zu, dass auch ich ungern Makler genannt werde. Dies hängt mit dem schlechten Ruf des Berufstands zusammen. Ich sehe meine Blackbird Real Estate GmbH als TransaktionsBERATER, der ausschließlich eine Seite berät - aber wie der Makler erst dann Geld verdient, wenn die Transaktion erfolgreich angeschlossen ist.

Weshalb kooperiert JLL bspw. mit Sasse Immobilien in Freiburg oder NAI apollo mit Larbig & Mortag in Köln? Weil sie selbst dort selbst nicht vertreten sind, aber durch ihre Vielzahl an Mandanten auch hier einen Profi vor Ort brauchen - mit dem kooperiert wird.

Ob CBRE, JLL, CW, Colliers oder Savills - alle wollen sie aktuell durch eine horizontale Erweiterung ihres Geschäftsmodells wachsen. Häufig durch Zukäufe. In der aktuellen Marktphase sicherlich ein nachvollziehbarer Ansatz. Aber was ist denn, wenn Deutschlands Zeit als safe haven vorbei ist oder der Markt aus anderen Gründen rückläufig ist? Wird diesen zugekauften Mitarbeitern dann gekündigt, um die Aktionäre zufrieden zu stellen? DTZ lässt grüßen...

Selbstverständlich macht es für viele Investoren Sinn, alle mit einer Immobilie verbundenen Aufgaben an EINEN Dienstleister zu vergeben. Sei es aus persönlicher Beziehung, Bequemlichkeit, Kosten-/Zeitvorteilen, Compliance-Gründen oder der Tatsache, dass sie dann einen Hauptansprechpartner haben, den man "beschimpfen" kann, läuft etwas schief. Die Frage die sich dabei stellt ist: Sind die großen Dienstleister wirklich in allen Bereichen die Besten?

Wenn dem so wäre, dann würde meine Frau auch NUR in einem Supermarkt oder Discounter einkaufen...

...dem ist aber nicht so - und Gott sei Dank auch (noch?) nicht in der Immobilienbranche!

Herr Spangenberg schreibt von "investment solutions" als Teil der Angebotspalette - sicher unterstellt er hierbei die viel zitierte "chinese wall" - wenn nicht, hätten alle große Dienstleister mit ihren Töchtern (bspw. CBRE Global Investors, LaSalle oder Savills Investment Management) einen ordentlichen Interessenskonflikt. Viele dieser Berater bekennen sich zu den ethischen Standards der RICS und ich will hier niemanden an den Pranger stellen. Meine eigene Erfahrung zeigt aber, dass die chinesische Mauer ab und zu löchrig ist...

Als Gründer der Transaktionsberatungsboutique Blackbird Real Estate GmbH mit aktuell zwei Mitarbeitern (inklusiv mir) stehe ich naturgemäß am anderen Ende der Bandbreite von Dienstleistern der Branche - und habe eine entsprechend andere Sicht der Situation.

Unsere Auftraggeber - und darunter sind etwa 50% aus dem Ausland - schenken uns ihr Vertrauen und schätzen unsere Arbeit, weil sie bei uns immer Chefarzt-Behandlung erhalten! Dabei handelt es sich selten um "einfache" Verkaufsmandate - vielmehr ist es so, dass unsere Aufträge oft sehr komplex sind und das Wissen, die Erfahrung aus vielen Teilbereichen der Immobilienbranche erfordern. Mit knapp 20 Jahren relevanter Berufserfahrung habe ich sicherlich sehr viel erfahren und weiß viel. Genau deswegen bin ich NICHT so vermessen zu sagen, "ich kann alles"!

Vielmehr nutze ich die Freiheit, jeweils den besten Partner für die gestellte Aufgabe zu identifizieren - und somit das optimale Ziel für meinen Auftraggeber zu erreichen.

So war bspw. ValTeq schon oft ein von mir identifizierter Partner, mit dem ich sehr gerne zusammenarbeite. Gleiches gilt für Markus Beike, inzwischen GF von CBRE Hotels: vor seinem Wechsel habe ich auch erfolgreich mit ihm bzw. Christie & Co. kooperiert.

Definitiv ist CBRE mit seinen Töchtern ValTeq und Preuss gut für die Zukunft aufgestellt und das Unternehmen wird auch in Zukunft gute Geschäfte machen!

Eine Frage kommt in dem Artikel von Herrn Spangenberg aber zu kurz: was will der Auftraggeber?

Unsere Auftraggeber entscheiden sich für uns - oder eine andere Boutique - weil sie die direktere, persönlichere Beratung eines "Schnellbootes" der eines "Tankers" vorziehen. Oft ist es bei Letzteren der Fall, dass zwar die Geschäftsführung den Auftrag akquiriert. Die Bearbeitung erfolgt dann aber häufig durch das untere oder mittlere Management - mit entsprechenden Knowhow-Abschlägen.

Wie eingangs geschrieben: ich will und werde Herrn Spangenberg nicht angreifen, bin aber der Überzeugung, dass das "one stop shop" Modell nicht immer die beste Lösung ist.

Am Ende des Tages wird von allen Dienstleistern Verlässlichkeit erwartet. Dies wird bei den Top5 Beratern durch ihre schiere Größe gewährleistet und bei den Boutiquen dadurch, dass diese i.d.R. inhabergeführt sind.

Die Lösung liegt m.E. weder im "one stop shop" noch bei der Boutique, sondern in der Mitte: es wird immer Aufgabenstellungen geben, bei denen der CBRE-Ansatz zu bevorzugen ist. Es wird aber auch immer Auftraggeber geben, die die Dienstleistung einer Boutique bevorzugen.

Für Blackbird kann ich sagen, dass ich auch in Zukunft gerne mit ValTeq oder CBRE Hotels zusammenarbeite - wenn es für den betreffenden Auftrag zielführend ist! Und natürlich auch mit qReal, sbp Steguweit Brand Perspectives, vb&t group, oder, oder, oder...

Ich freue mich auf Ihre konstruktive Kritik!

Ihr

Tobias Schultheiß FRICS SIOR

tobiasblackbird-rede